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eine Zeichnungen sind nicht Nebenarbeiten zu meinen literarischen Werken, sondern die gezeichneten und gemalten Schlachtfelder, auf denen sich meine schriftstellerischen Kämpfe, Abenteuer, Experimente und Niederlagen abspielen«, so Dürrenmatt in Persönliche Anmerkung zu meinen Bildern und Zeichnungen (WA, Bd. 32, 1998). Doch sie sind auch ein Feld, auf dem sich der Autor von den Anstrengungen und Anfechtungen, der »unsäglichen Konzentration« des Schreibens erholen kann.
Nach 1973 wendet sich Dürrenmatt zunehmend vom Theater ab und mit neuer Intensität der bildenden Kunst zu. In einer Phase, in der er sich aus der literarischen und auch sonstigen Öffentlichkeit zurückzieht, entstehen zahlreiche Zeichnungen und Bilder. Dürrenmatt arbeitet häufig schwarz in schwarz mit Feder und Tusche, immer wieder aber auch mit kräftigen Gouache-Farben, wobei viele seiner Bildsujets, ob von nah oder von fern, in Verbindung zu seinen literarischen Motiven stehen. Relativ spät entdeckt Dürrenmatt, der in seiner Jugend das ›Abzeichnen‹ abgelehnt hatte und fand, ein Maler müsse »alles aus der Vorstellungskraft« (Labyrinth. Stoffe I–III, 1981/90) ziehen, das Portraitieren für sich: Neben Selbstporträts gelingen ihm eindrückliche Bildnisse von Freunden und Kollegen.
»Die Kunst gestaltet vom Tode her, vom
Abgeschlossenen her, als Maler würde ich sagen: Alles ist nature morte«
Abgeschlossenen her, als Maler würde ich sagen: Alles ist nature morte«
Die PhysikerII (Weltraumpsalm)
1973, Mischtechnik auf Karton
1973, Mischtechnik auf Karton
Quelle
Dürrenmatt wird zwar nicht müde zu betonen, er sei kein Maler, er sei in der bildenden Kunst ein ›Dilettant‹, aber allmählich wird aus dem Malen doch mehr als eine bloße Privatangelegenheit. 1976 lässt er sich von seinem Freund Hans Liechti, dem Wirt des ›Hôtel du Rocher‹ in Neuchâtel, überreden, in der Wirtsstube erstmals Bilder öffentlich auszustellen. Zwei Jahre später, 1978, findet in der Galerie Daniel Keel in Zürich eine Ausstellung statt, die Dürrenmatts bildnerisches Werk einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert. Daniel Keel (damals noch nicht Dürrenmatts Verleger) gibt parallel dazu bei Diogenes den Band Bilder und Zeichnungen heraus.